Samstag, 23. April 2011

Hab noch keinen Namen dafür ;) Macht Vorschläge

Sie beugte sich nach vorne, stützte sich dabei am Waschbecken ab. Sah in den verdreckten Spiegel. Er reflektierte ihr bleiches, schwaches, abgemagertes Gesicht. Ihre nassen Haare hingen strähnig herunter und klebten an ihrer Haut. Ihre Wimpertusche verschmiert. Die Pupille geweitet. Als sie das Geräusch der Wassertropfen wahrnahm, drehte sie den Hahn fester zu. Doch das gleichmäßige Aufprallen der Tropfen auf das Becken blieb in ihrem Kopf. Der Ton verharrte in einem lauten Echo. Dann wurde das Geräusch immer schneller und lauter, bis es flüssig in das dumpfe Schlagen ihres Herzen überging. Als sie sich aufrecht hinstellte, bemerkte sie ein ziehen in ihrem Bauch. Die Muskeln verkrampften sich und ihre Körpertemperatur stieg rasch an. Sie fühlte plötzlich eine Hitze, die den Inhalt ihres Magens zum kochen zubringen schien. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch. Er glühte. Sie schreckte zurück, lehnte sich an die Wand. Das Brennen verteilte sich in alle möglichen Regionen ihres Körpers. Das Atmen fiel ihr immer schwerer. Auf einmal wurde das Brennen begleitet von einem stechenden Schmerz. Er war überall und tat höllisch weh. Sie spürte, wie ihre Kräfte sie verließen. Ihre Augenlider wurden immer schwerer und drohten zuzufallen. Die Fließen an der Wand verschwammen. Der Boden fing an sich unter ihren Füßen zu bewegen, ihr wurde schwindelig. Ihr Herz fing an zu flattern, schlug wie verrückt, kämpfte bis zum Letzten. Ihr Hals wurde trocken. Sie fing an zu husten. Irgendwas schien ihr die Kehle zuzuschnüren. Sie bekam keine Luft mehr. „Es war doch nur eine Pille“, dachte sie, „nur eine Pille“. Ein dumpfer Aufprall war zu hören, als sie langsam auf die Knie abrutschte und sich die Ellenbögen an dem harten, kalten Fußboden aufschürfte. Sie spürte ihren Bauch nicht mehr. Alles was da war, verschwand im Brennen und im Schmerz. Der bittere Geschmack in ihrem Mund ließ sie erschöpft nach der Toilettenschüssel greifen. Mit ihren dreckigen Fingernägeln krallte sie sich an das kalte Material und mit den letzten Kräften zogen sie ihre schwachen Arme quer über die weißen Fließen des Bodens. Sie stämmte sich hoch und ließ ihr Gesicht im Klowasser hängen. Ihre Hände griffen nach der Brille und drückten sie hoch. Sie schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Sie würgte. Der Schmerz sollte aufhören. Doch er tat es nicht. Es kam nichts raus. Leeres Würgen. Leeres Erbrechen. Der warme, feuchte Schweiß lief ihr über das kalte Gesicht. Plötzlich fühlte sie ihren Körper nicht mehr. Sie gab es auf. Sie stand auf, ging zum Spiegel und zerbrach ihn mit der bloßer Hand. Das Glas bohrte sich in ihren Arm. Es tat nicht weh. Es tat gut. Sie nahm eine spitze Scherbe, lief langsam, mit schwerem Schritt zum Lichtschalter, kaum in der Lage sich auf den Beinen zu halten, erhob den rechten Arm, strich fast unbemerkt über den Schalter. Das Licht ging aus. Sie fühlte sich auf einmal viel sicherer. Als ihr Zeigefinger die untere Kante des Schalters erreichte, rutschte der Arm ab und fiel leblos zurück zu ihrem Körper, die Schulter mit herunterziehend. Sie glich einer Puppe, die ihre Bewegungen, ihren Körper, nicht unter Kontrolle hatte. Einer Puppe aus Gummi. Sie nahm die Scherbe. Nur kurz sah sie das Stück aus scharfem Glas an. Ein kühler Schauer durchfuhr ihren Körper. Ihr war alles egal. Der Schmerz sollte aufhören. Sie hat ihr Leben geliebt. Und langsam hat sie es verlernt sich selber zu lieben. Mit zitternden Händen, und doch voller Entschlossenheit rammte sie sich die Scherbe in die Kehle. Sie taumelte zurück, fiel fast, lehnte sich an die kalte Wand, schloss die Augen und rutschte sie ohne weitere Wahrnehmungen hinunter. Das einzige, was sie dabei hinterließ, war ein kaum sichtbarer, rubinroter Blutstreifen.

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