Donnerstag, 10. März 2011

Wo geht die Freundschaft unter?

Heutzutage unterscheidet man gerne zwischen BF, ABF, AABF... und wer eine ABFFL hat, ist sowieso einer von der ganz tollen Sorte. Man hat kleine Freunde, große Freunde, dickere, dünnere, männliche Freunde, weibliche Freunde und etliche Bekannte, die dann irgendwie auch Freunde sind. So kommen nämlich dann auch die 539 Freunde in Schuelervz.net zusammen und die 681 auf Facebook. Im Endeffekt hat der moderne Mensch hunderte von Freunden und je mehr er davon hat, desto mehr Ansehen und Respekt bekommt er von anderen. Und das obwohl wissenschaftliche Studien beweisen, dass ein Mensch nur ungefähr 150 soziale Beziehungen eingehen kann. Heutzutage ist das allein die Anzahl der Sexpartner, die im Leben einer Frau auftauchen. Kann man in unserem Alltag überhaupt noch von "wahrer Freundschaft" reden?
Die Lebenssituationen ändern sich schneller und leichter als früher. Wenn früher manche Menschen ihr ganzes Leben im selben Dorf verbracht haben, so erlaubt uns die Globalisierung heutzutage zu jeder Jahreszeit ein Stückchen mehr von dieser großen Welt zu sehen. Die meisten engsten Freundeskreise bilden sich schon im Kindergarten. Irgendwann wird man in der Grundschule getrennt und man findet dort neue Freunde. Diese behält man dann meist bis zur 5. Klasse, wenn man von der Grundschule ins Gymnasium kommt. Dort lernt man wiederum neue Menschen kennen, die vielleicht noch ein Stückchen mehr so sind wie man selber. Die behält man dann oft bis zum Abitur. Höchstens. Zwischendrin kommt man ja noch in die Pubertät. Und das heißt Cliquenbildung, genauso wie Streit, Eifersucht, Neid und Gefühlsschwankungen allgemein. Wenn man nach der Schule Studieren geht und sich auf irgendeine Abteilung spezialisiert trifft man wieder mehrere Menschen, die sich für ähnliches interessieren wie man selbst. Doch schon da wird die Freundschaft weniger wichtig. Vielleicht nicht bei allen, aber der Punkt ist, dann ist man von der Freundschaft nicht mehr so abhängig. Und wenn man arbeitet, Schule und Studium hinter sich hat, was bleibt von den ganzen ABFs übrig? Mit welchen Freunden hat man dann noch Kontakt?
Ich habe in letzter Zeit viel darüber nachgedacht und versucht meinen Freundschafts-/Bekanntenkreis in einige Kategorien einzuteilen und diese zu bewerten:

Die witzigen, netten Freunde
Vorteil: Man verbringt mit dieser Art von Freunden sehr viel Zeit, man kann über alles lachen und kann sehr viel Spaß miteinander haben. Man kennt die Vorlieben und den Humor voneinander und kann sich sehr gut anpassen.Wenn man traurig ist, wird man getröstet, und aufgeheitert. Irgendwann scheint man sich Jahre lang zu kennen.
Nachteil: Das große Problem ist, dass man nicht immer und nicht über alles miteinander reden kann. Es mängelt an Vertrauen und man ist sich nicht sicher, ob man verstanden wird. Außerdem gibt es Momente, in denen einem die Gesprächsthemen ausgehen. Dann sitzt man erstmal da und wartet, bis etwas passiert. Lachen ist ja schön und gut, kann man aber nicht in jeder Lebenssituation.
Bewertung: Im großen und ganzen ist es super, solche Freunde zu haben. Ob sie die besten genannt werden können und ob man sie noch kennt, wenn man 31 ist, wage ich zu bezweifeln...

Die Ausnahmefreunde
Vorteil: Es sind die Freunde, die deine Eltern kennen. Wenn sie wissen, dass er oder sie auch auf der Party sein wird, dann ist gleich sicher, dass du mit darfst. Du darfst dich eigentlich so gut wie immer mit ihnen treffen, da eure Eltern sich kennen oder weil deine Eltern die Freunde kennen und wissen beziehungsweise denken, sie wären anständig und reif.
Nachteil: Diese Freunde sind in manchen Fällen nur Zeit-Totschlage-Freunde. Man nutzt sie aus, weil man weiß, dass man darf. Mit diesen Freunden kann man nicht immer lachen und man vertraut ihnen kaum etwas an. Man kennt sich zwar gut, kennt auch die Nachteile des Menschen, schweigt aber lieber und belässt es dabei.
Bewertung: Es lohnt sich kaum. Wenn man diese Freunde gut kennt und sie mag und die Eltern das auch noch gut finden, dann hat man sie Bestsituation, ist dies aber nicht der Fall und das einzige was euch verbindet die Eltern sind, dann kann man es nicht wirklich Freunde nennen. Bekannte.

Die einfühlsamen, vertrauenswürdigen, dich verstehenden Freunde
Vorteil: In jedem Freundschaftskreis findet man bestimmte Leute, bei denen man sich jederzeit ausheulen kann, denen man grenzenlos vertraut, die sich in dich hineinversetzen können, mit dir mitfühlen und dich verstehen. Sie sind die, die dich am allerbesten trösten können und du kannst dir immer sicher sein, dass sie auf deiner Seite stehen werden. Du kannst mit ihnen über vieles lachen. Ihr habt viel Zeit miteinander verbracht, habt viel miteinander erlebt und habt viele Lebenserfahrungen zusammen gesammelt.
Nachteile: Natürlich ist das von Mensch zu Mensch unterschiedlich, aber je mehr man sich mag, desto mehr kann man enttäuscht werden, oder eben auch eifersüchtig. Man hat schreckliche Angst sie irgendwann zu verlieren. Ist in gewisser Weise von ihnen abhängig.
Bewertung: Diese Freunde bleiben lange. Falls man sich von ihnen trennen muss, ist der Schmerz stärker, als der, den man verspührt, wenn eine Beziehung zuende geht. Denn dann hat man keine Zugangsperson mehr. Wenn dieser Typ von Freund einen mal verlässt, dann ist man wirklich allein. Aber was ganz sicher ist: man wird diese Personen nie vergessen.

Die, wo die einfühlsamen, vertrauenswürdigen, dich verstehenden Freunde nicht hinreichen
Vorteil: Es kann einem immer mal passieren, dass man etwas zu sagen hat, was man einem besten Freund nicht sagt. Nicht, weil man ihm nicht vertraut oder ihm etwas verheimlichen will, sondern eher, weil man weiß, dass er das nicht wissen will. Zum Beispiel wenn man etwas loswerden muss, was er nicht verstehen würde. Genau da brauch man einen zweiten Mann, vielleicht auch noch einen dritten.
Nachteil: Es sind Ersatzfreunde, man kann ihnen manchmal nicht 100% vertrauen.
Bewertung: Man wird sie immer kennen, man wird sie immer mögen, aber man wird sie leicht vergessen.

Die Spezial-Freunde
Vorteil: Man hat ein besonderes Gesprächsthema, das keinen anderen zu interessieren scheint, als einen selber. Nur das Problem ist: wenn man bestimmte Interessen verfolgt, will man gerne über diese berichten und auch selber neues über sie erfahren. Was, wenn sich meine besten Freunde nicht für das selbe interessieren? Hier helfen die Spezial-Freunde. Mit denen kann man immer über dieses besondere Thema reden, man kann ihnen pausenlos darüber Sachen erzählen und es kommt auch mal etwas von ihrer Seite.
Nachteil: Irgendwann geht das Gesprächsthema aus.
Bewertung: Ihr sitzt vielleicht in bestimmten Unterrichtsfächern nebeneinander, wenn ihr euch in den Pausen seht, geht euer Gespräch über Smaltalk hinaus, aber im Großen und Ganzen reichen sie nicht aus.


Die Ausnutz-Freunde/ Gelegenheitsfreunde
Vorteil: Wenn man sie gerade sieht, mag man sie und unternimmt eine Menge mit ihnen, aber wenn einmal coolere Kids auftauchen oder welche, mit denen man besser befreundet ist, heißt es nurnoch "Adieu!". Davon hat heutzutage jeder mindestens 10. Ein paar beliebtere Personen, oder die, die sich für beliebt halten, haben davon vielleicht sogar 30. Da Ausnutz-Freunde vielleicht ein etwas zu harter Begriff dafür ist und Wegwerf-Freunde alle Grenzen überschreitet, habe ich mich für Gelegenheitsfreunde entschieden. Auf diese Freunde ist verlass. Sie springen für die Freunde ein, die gerade ein Päuschen vom Freunde-Dasein brauchen oder zumindest gerade nicht da sind. Natürlich redet man mit diesen Freunden, wenn die Dicksten dabei sitzen, aber (man achte selbst darauf) sie bekommen lange nicht so viel
Nachteil: Natürlich redet man mit diesen Freunden, wenn die Dicksten dabei sitzen, aber (man achte selbst darauf) sie bekommen lange nicht so viel Aufmerksamkeit, wie wenn man unter 4 Augen untereinander ist.
Es fällt einem vielleicht auf den ersten Blick gar nicht auf, dass man in dem Moment eine Person ausnutzt, wenn man sie zum Freund macht, wenn in der Nähe gerade keiner ist. Irgendwann sieht man ein, dass man in irgendeiner Art immer einen Kampf führt. Gegen die Einsamkeit. Genau das ist auch der Grund, weshalb sich viele dieser Freunde auch bewusst oder unbewusst ausnutzen lassen. Sie führen ebenfalls einen Kampf gegen die Einsamkeit
Bewertung: Mein Tipp: Wegwerf-Freunde existieren nunmal, das kann keiner bestreiten oder leugnen. Die Tatsache, das es sie gibt ist auch eigentlich total unmoralisch. Man kann eben nicht viel an unserer Gesellschaft ändern. Man muss sich einfach für sich selber klar machen: Ich werde vielleicht auch ausgenutzt. Am besten ist es, man bleibt freundlich, aber hängt sich an keinen. Das führt zu Schmerz und Leid.


Die, die man mal mochte/ die, vor denen man flüchtet
Vorteil: Es gibt keine Vorteile, außer man nutzt es aus von denen gemocht zu werden, um etwas zu bekommen.
Nachteil: Wenn eine Freundschaft auf Einseitigkeit beruht, verarscht man nicht nur eine Person, der man möglicher Weise viel bedeutet, nein, man verarscht auch sich selber. Man hat es mit einer Person zu tun, die man mal mochte, von der man aber aus irgendwelchem Grund genervt ist. Vielleicht, weil es keine Gesprächsthemen gibt, vielleicht, weil man sich von der Person betrogen fühlt, vielleicht, weil man weiß, dass die Person einen garnicht so sehr schätzt, wie man es ein mal dachte.
Bewertung: Je weniger es davon gibt, desto weniger muss man sich quälen.



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